Was ist eine Naturhufbearbeitung?

von Yvonne Welz ©2006

Keine Hufbearbeitung ist wirklich "natürlich", weil der Akt der Bearbeitung durch den Menschen nie natürlich sein kann. Der einzig "natürliche" Trim ist der, den sich das Pferd selber verschafft wenn es wild oder in ähnlichen Umständen wie das Wildpferd lebt.

Wenn wir von natürlichen Bearbeitungsmethoden sprechen meinen wir die, die natürliche Lebensumstände als wichtige Komponenten des Barhuflaufens beinhalten - und die Pferdegesundheit generell. Natürliche Bearbeitung konzentriert sich auch auf die natürliche Beschaffenheit des Pferdehufs, mit seiner physiologisch korrekten Hufform. Experten studieren den Wildpferdehuf, um mehr Einsichten darüber zu erhalten wie Menschen die Merkmale des idealen Hufs besser für unsere modernen Hauspferde nutzen können. Es ist jedoch wichtig, daß die Parameter für eine Naturhufbearbeitung nicht auf der Basis eines einzigen Wildpferdes aus einem kleinen Bereich der Erde entwickelt werden sondern eine große Bandbreite von wildlebenden Pferden einbezogen wird. Wildpferde leben auf der ganzen Welt, auf verschiedenen Böden, Klimata und in unterschiedlichen Lebensräumen, und ihre Hufe haben sich angepaßt. Der wichtigste gemeinsame Parameter aller Wildpferde der Welt sind niedrige Trachten (was ein nahezu bodenparalleles Hufbein anzeigt) und funktionale, gesunde Hufe.

Das Erste, das ein professioneller Huftrimmer im Sinn hat, ist herauszufinden wie er dabei helfen kann, die Hufsituation Ihres Pferdes so effektiv wie möglich zu verbessern. Muß man Beeinträchtigungen fürs das Pferd im Umstellungsprozeß von Beschlag auf Barhuf in Kauf nehmen? Lassen Sie uns zunächst einen Blick auf die Definition von "Gesundheit" werfen. Die meisten Menschen setzen "Gesundheit" mit "keine Schmerzen" gleich. Wenn ein Pferd frei, willig und gleichmäßig traben kann ist es gesund. Dies ist jedoch ein Mißverständnis. Der Huf eines lahmen Pferdes kann einen blockierten Nerv haben, und es wird "gesund" traben. Ist es deshalb gesund? Natürlich nicht. Nur weil es momentan keine Schmerzen fühlen kann heißt das nicht, daß kein Schaden existiert. Die Gefahr ist, daß sich der Schaden unbehandelt weiterentwickelt wenn das Pferd den Schmerz nicht fühlen kann und sich dadurch nicht schont. Dies wäre bei Beschlag oder unangemessener Hufbearbeitung der Fall - das Pferd fühlt den Schaden nicht, der aber existiert.

Als diejenigen, die sich um die Pferde kümmern, ist es jedoch unsere Aufgabe, jegliches Unbehagen und Unwohlsein zu minimieren. Gute Hufbearbeitung nimmt oft Schmerz oder Unbehagen und sollte nie Schaden oder Schmerzen erzeugen. Wenn ein Pferd lahm ist oder Schmerzen hat sollte ihm geholfen werden: Hufschuhe mit Einlagen um den Laufkomfort zu sichern, Schmerzmittel (natürlich oder auf Rezept) wenn nötig.

Wie steht es mit jemandem, der eine völlig schmerzfreie Umstellung auf Barhuf garantiert? Seien Sie vorsichtig - wenn sich etwas zu schön anhört um wahr zu sein ist es das wahrscheinlich. Wenn ein Pferd schon mit Beschlag lahm war könnte es das auch nach Abnahme der Eisen sein, und es könnte auch einige Zeit dauern bis sich die Hufe erholt haben.

Laufen alle Pferde nach ihrem ersten Barhuftrim zunächst schlechter? Sicherlich nicht. Pferde mit leichten Problemen, sogar wenn ihnen die Eisen abgenommen wurden, können oft normal laufen. Die meisten Pferde sind während der Bearbeitung sehr glücklich und zeigen ihre Freude durch ruhiges Verhalten und Kauen. Pferde mit starken Problemen spüren oft sofortige Erleichterung. Viele Pferde erfahren eine deutliche Verbesserung nach dem Trim und fühlen sich komfortabel da durch die Veränderung der Winkel ihr Körper wieder normaler aufgestellt ist.

Wenn die Hufe Ihres Pferdes stark geschädigt sind wird Ihr(e) Hufbearbeiter(in) all seine/ihre Fähigkeiten und Kenntnisse dazu nutzen, die nötige Balance herzustellen und dem Pferd seine Situation so angenehm wie möglich zu machen damit es sich bewegen möchte. Hufschuhe sollten immer in Erwägung gezogen werden wenn Eisen abgenommen wurden. Viele Pferde benötigen Hufschuhe damit sie in der Umstellungszeit komfortabel und aktiv sein können. (Jeder Besitzer barhufiger Pferde sollte für alle Fälle Hufschuhe zu Hand haben!)

Jedes Pferd MUß individuell getrimmt werden. Die Rückmeldung des Pferdebesitzers und fortwährende Kommunikation sind während der Umstellungsphase hin zur Hufgesundheit ausgesprochen wichtig. Besitzer, die ihre Pferde selber bearbeiten, müssen sehr vorsichtig sein, die Bearbeitung nicht übertreiben und wann immer möglich professionellen Rat suchen. Manchmal ist weniger mehr, aber Wissen und Schulung sind extrem wichtig, sowohl für die Besitzer als auch die professionellen Trimmer.

"Es ist wichtig zu verstehen, daß es keine absoluten Werte oder Maße gibt wenn es um lebende Organismen geht da für sie jederzeit eine Vielzahl an Faktoren und Konditionen existieren - all diese befinden sich, wie alles Leben, in einem Zustand konstanter Veränderung." - aus The Hoofcare Specialist's Handbook by Hiltrud Strasser, DVM & Sabine Kells.

Letztlich muß man es selbst erfahren um den Beweis zu erhalten. Suchen Sie nach Resultaten - Erfolgsgeschichten von Pferden, die über lange Zeiträume bearbeitet wurden, Leistungspferde und Rehabilitationsfälle. Schließlich werden gesunde und leistungsfähige Barhufpferde den Erfolg einer Bearbeitungstechnik beweisen.

Selbst wenn Sie keinen Zugang zu einem professionellen Barhuftrimmer haben möchten wir Sie dennoch dazu ermutigen, Schritte dahingehend zu unternehmen, Ihrem Pferd natürliche Lebensumstände zu schaffen und ihm mit der Hilfe Ihres Schmiedes die Eisen abzunehmen. Da korrekte Informationen über natürliche Bearbeitungstechniken immer besser verfügbar werden können auch Sie von dieser Philosophie profiteren, die völlige Hufgesundheit bietet. Egal wie die Bearbeitungstechnik oder -methode Ihrer Wahl aussieht, wir unterstützen alle Formen der Hufpflege, die das Barhuflaufen und natürlichere Lebensbedingungen fördert. Aufs Ganze gesehen sind die Details nicht so wichtig. Es ist der Start einer neuen Ära, und Barhufpferde gibt es schon überall!