Gedanken zur Hackamore
von Gwynn Turnbull Weaver


Es gibt in diesem Land viele verschiedene Ansichten über die Hackamore und wie sie benutzt wird. Die bloße Aufmachung scheint für viele ein Mysterium zu sein und seine Funktion noch viel schwerer zu erfassen. Wie ein solch simples Konzept so komplex werden konnte ist für viele altgediente Traditionalisten unglaublich, aber, sei es wie es ist, einige Informationen über die Hackamore sind hier umrissen.

Das Snaffle Bit kam spät ins Spiel, in Vaquero-Zeitabläufen gedacht - es erschien massenhaft als die Briten die Szene betraten. Bis dahin führte die Hackamore die meisten Jungpferde ins "Berufsleben". Es ist kein Geheimnis für die meisten, daß noch vor nicht allzu langer Zeit Pferde später in ihrem Leben gestartet wurden. Genetik, Futter und die Härte des Ranchlebens bestimmten es so. Man sagte "die Pferde älteren Blutes seien auch die cooleren" - sie wurden körperlich und mental später erwachsen. Futtermengen schwankten, zumindest in den trockenen Regionen, mit den Jahreszeiten, mageren Zeiten und langen Wintern, was das Wachstum vieler Jungpferde in Schach hielt. Es war damals nicht unüblich, daß Pferde noch nach ihrem fünften oder sechsten Lebensjahr beträchtlich wuchsen.

Was die meisten Leute verblüfft ist die Vernunft, die hinter dem Schulen eines Pferdes ohne Bit steckt. Warum sollte man zwischendurch in der Ausbildung zur Hackamore wechseln, da die Benutzung des Bits doch das Endresultat ist und das Pferd heutzutage in den meisten Fällen das Snaffle in seinem Maul schon akzeptiert hat? Die grundsätzlichen Antworten darauf kann man im Pferdemaul finden.


Der Wechsel

Ein Konzept, das die Befürwortung der Hackamore begünstigte und weiterführte, waren die Veränderungen im Pferdemaul; speziell da die Zähne, die sich in den Jahren verändern, diejenigen sind, die direkt am Bit liegen. Dies scheint im Übergang zwischen dem vierten und fünften Lebensjahr vor sich zu gehen. Der Zahnwechsel markierte die Zeit, zu der der Horseman Mutter Natur nicht im Wege stehen und vom möglicherweise schmerzenden und empfindlichen Pferdemaul wegbleiben sollte.

Unglücklicherweise ignorieren die meisten modernen Trainer den Zahnwechsel beim Pferd. Die besten Horsemen sind hellhörig gegenüber dem Verhalten des Pferdes, suchen immer die subtilen Hinweise, die sie auf ihrer Reise instruieren. Nur die feinsten der Horsemen verstehen, während sie aufmerksam die von ihren Pferden gesendeten Nachrichten verfolgen, daß sie gut daran täten, den Zustand des Pferdemauls zu bedenken.

Die Hackamore war die offensichtliche Lösung; es gewährte dem Horseman die Freiheit, sein Pferd während des Zahnwechsels weiterhin zu nutzen und zu fördern. Was die meisten Horsemen jedoch nicht einbezogen waren die zusätzlichen Vorteile, die ihnen der Wechsel bot, während sie an den Unterschieden arbeiteten, die sich durch die Hackamore ergaben.


Die Macharten

Hackamores gibt es in vielen verschiedenen Größen, Durchmessern und Materialien. Naturprodukte sind ein Muß. Sie geben nach, atmen und passen sich der Form und Temperatur des Tieres an.

Die meisten traditionellen Hackamores sind aus geflochtener Rohhaut gemacht. Die guten werden um einen Naturkern herum geflochten. Dieser Kern könnte ein Stück einer ausgedienten Reata (Rohhautseil), gedrehte Rohhaut oder vielleicht ein altes Stück abgetragener Pferdehaarmecate (Pferdehaarseil) sein. Sie könnten aus acht bis zweiunddreißig Strängen, durchschnittlich etwa zwischen zwölf und sechzehn Srtängen geflochten sein. Manchmal wird noch anderes Leder zur Herstellung der Stränge benutzt, in Kombination mit Rohhaut oder alleine.

Der Durchmesser der Hackamore muß diskutiert werden. Es gibt grundsätzlich drei Arten der geflochtenen "Hackamore" - artigen Ausrüstungsgegenstände. Die Hackamore, die wir in diesem Artikel besprechen, ist das Teil der Ausrüstung, das alleine benutzt wird, in den früheren Ausbildungsstadien. Es wird am Pferd mit einem einfachen Leder"hänger" befestigt - einem einfachen Kopfstück, das normalerweise aus weichem Leder gemacht und auf der linken Kopfseite geknotet wird. Die Hackamore wird traditionell zusammen mit einer Pferdehaarmecate benutzt und hat üblicherweise einen Durchmesser von 3/8 bis 7/8 inch.

Der nächste Ausrüstungs-Level ist die kleinere "Two Rein" Variante, zwischen 1/4 und 5/16 inch im Durchmesser, und wird unter dem Bridle (Kopfstück mit Bit) zusammen mit einer dünnen Mecate getragen. Das dritte Ausrüstungsteil, das oft mit der Hackamore verwechselt wird, ist das noch kleinere Bosal, das mit einer kürzeren Mecate als Führseil am fertigen Bridle Horse benutzt wird. Es ist oft sehr fein, normalerweise nicht mehr als 1/4 inch im Durchmesser und paßt gerade unter das Kopfstück. Es dient dazu, das Pferd zu führen, aber auch als Unterscheidungsmerkmal für das fertige Bridle Horse.

Bei der hier besprochenen Hackamore handelt es sich um die größte der genannten drei.


Das Nadelör

Vielleicht werden wir nie ein Kamel durch ein Nadelör führen können, aber der Vaquero hat erfolgreich ein Pferd durch eins hindurch geritten, ihre Pferde fein durch die Manöver fädelnd. Der Hackamore Mann zerrt seine Pferde nicht an der Nase herum, statt dessen plaziert er die Hackamore in verschiedenen Positionen und fordert sein Pferd dazu auf, willig eine Körperhaltung beizubehalten, die diese Positionen unterstützt.

Das Hackamore-Trainingsstadium ist vielleicht das riskanteste Stadium das Spiels. Die Tatsache wie der Cowboy sich selbst und sein Pferd während des Hackamore Prozesses managt könnte ernsthaft die zukünftige Sensibilität des Pferdes definieren. Im Falle falscher Behandlung oder des Mißbrauchs wird ein Pferd schnell lernen, durch die Hackamore "durchzulaufen".

Grobe Hände und ungleichmäßige Hilfen können ein Pferd schnell abstumpfen lassen und jeglichen Respekt zerstören, den das Pferd für die grundsätzlichen Hilfen wie "Stop" oder auch nur "werde langsamer" hat. Wenn ein Pferd erst einmal falsch gelernt hat, die Hilfen des Cowboys in der Hackamore zu ignorieren, ist ernsthaft Boden verloren in Bezug auf Training, das nie mehr wiedererlangt werden kann. Es steht viel auf dem Spiel wenn dem Pferd die Hackamore angelegt wird, und ein guter Reiter weiß um und ehrt die einmaligen Eigenarten dieser Ausrüstung.


Gute Paßform

Die Hackamore sollte komfortabel auf die Pferdenase passen, etwa wie ein Hut dem Menschenkopf angepaßt ist. Nicht zu eng, nicht zu weit. Sie sollte recht weich sein und dennoch ein gewisses Maß an Festigkeit und Form beibehalten. Eine zu weiche Hackamore verliert jegliche Struktur und Balance. Eine, die zu hart ist, könnte scharf oder unpraktisch sein und kleine Bereiche mit starkem Druck belasten. Offene Stellen und Empfindlichkeit wären das Resultat. Schmerzen lenken normalerweise ab. Pferde werden sich auf diese Schmerzen oder Reizungen konzentrierenund die subtilere Hilfen, die der Reiter anbietet, nicht bemerken.

Wie schon erwähnt wird die Hackamore zusammen mit einer Mecate benutzt um das korrekte Gefühl und Gewicht zu erhalten. Die Mecate hilft, bei richtiger Wicklung und richtig gebunden, sowohl die Hackamore dem jeweiligen Pferd richtig anzupassen als auch das Gewicht so zu verteilen, daß sie hängt wie sie sollte und das Nachlassen des Drucks im richtigen Moment erfolgen kann.

Obwohl zusätzliche Dinge an die Hackamore angebaut und merkwürdige, schärfere "Ableger" entworfen wurden bietet die traditionelle Hackamore, wenn korrekt gefertigt und ihrem Design entsprechend genutzt, eine komfortable Paßform und Balance an.


Exponierte Horsemanship

Etwas, das die meisten guten Reiter bald lernen wenn sie die Hackamore benutzen, ist die einfache Tatsache, daß ein Pferd im Snaffle Bit dazu "gebracht" werden kann, bestimmte Übungen und Manöver zu tun, die Hackamore aber erfordert, daß das Pferd gelehrt werden muß, diese auszuführen. Der wertvollste Beitrag der Hackamore zum Trainingsprozeß ist, daß sie die Defizite des Reiters aufdeckt. Wenige kennen oder verstehen dieses Prinzip. Beim Benutzen der Hackamore ist es von wesentlicher Bedeutung, daß der Reiter seine Manöver korrekt vorbereitet und die Hilfen an sein Pferd unterstützend gibt. Körperposition, Plazierung des Gewichts, Timing und Sensibilität müssen korrekt sein um dem Hackamore-Pferd zu ermöglichen, die Hilfen für sich zu übersetzten.

Die Mitteilung oder Botschaft, die die Hackamore selbst anbieten kann, ist so subtil, daß das Pferd auch den begleitenden Hilfen durch die Beine, Gewicht und Körperposition des Reiters nachfühlt, um zunächst die Mitteilung zu bestätigen bevor es darauf reagiert. Wenn der Reiter aus seiner Position fällt oder irgendwo inkonsequente Hilfen anbietet wird das Pferd schnell das Vetrauen in die Hilfengebung durch die Hackamore verlieren und dadurch verwirrt. Dieses einmalige Charakteristikum der Hackamore könnte möglicherweise der großartigste Beitrag zur Pferdewelt sein. Ihre erfolgreiche Handhabung erfordert einen gewissen Level von Horsemanship und Geschick. Ein Cowboy muß über alle peripheren Hilfen zur Positionierung seines Pferdes Bescheid wissen und sie verstehen bevor er die Hackamore damit so unterstützen kann wie es erforderlich ist.

Deshalb ist die Hackamore-Zeit eine Schlüsselphase. Sie trainiert oder verstärkt im Reiter das Konzept, daß das Pferd gelehrt wird, auf Mitteilungen zu reagieren, später in den letzten Stadien auf dem Weg zum Bridle Horse (Anm. d. Übers.: fertiges Spade Bit Pferd) auch Signale genannt. Es ist extrem wichtig, daß der Reiter weiß wie er seine Hilfen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Werkzeugen vorbereiten, unterstützen und abliefern muß.


Ihre Natur

Die Hackamore bringt ein einmaliges Gefühl mit sich. Für diejenigen, die nie eine benutzt haben, ist ihre Funktionsweise simpel und kompliziert zugleich.

Obwohl zum Operieren der Mecate beide Hände benutzt werden wird oft betont, daß der Reiter nur mit der einen oder der anderen Hand Druck ausüben darf, nie mit beiden Händen gleichzeitig. Sogar beim geraden Stop oder einem anderen Manöver, das balanciert und gerade augeführt werden muß, wird nur der eine oder andere "Zügel" benutzt. Dieses einmalige Merkmal, diese Technik, die auch von wohl wissenden Horsemen beim Reiten im Snaffle Bit genutzt wird, ist für Hackamore Nutzer nicht nur ein Vorschlag sondern ein Muß. Horsemen, die beide Hände an der Hackamore unkorrekt einsetzen, werden schnell eine Blockade in ihre Pferde "einbauen" und im Training Rückschritte anstatt Fortschritte machen.

Nochmals, die Benutzung eines "Zügels" bringt das Gesamtbild ins Spiel. Beispiel: Wenn für ein Manöver, für das das Pferd in sich gerade bleiben soll, Druck mit einem Zügel ausgeübt wird, ist erforderlich, daß der Reiter die Hilfe mit allen nötigen unterstützenden Haltungen balanciert und damit dem Pferd hilft, gerade zu bleiben. Das Verständnis dafür, daß wir nicht hauptsächlich wie totes Gewicht auf ihren Rücken sitzen und sie mit unseren Händen in der Gegen herumziehen, wird nirgends besser klar als dann, wenn wir uns der Herausforderung der Hackamore stellen.


Der Gouverneur

Ein anderes wichtiges Merkmal, das die Hackamore wiederum beim Reiter fördert, ist ein ausbalanciertes Temperament und gute Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen.

Der Erfolg, den der Buckaroo mit dem Hackamore-Prozeß hat, hängt von einer Reihe Entscheidungen ab, die er an den Tagen, an denen er die Hackamore benutzt, trifft. Zu wissen was zu einem Job dazugehört und die entsprechende Ausrüstung und Pferde zu wählen kann den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.

Es gibt Aufgaben, die für ein Pferd unpassend sind, das gerade erst mit der Hackamore bekannt gemacht wurde. Ein Beispiel wäre, an einem frischen, kühlen Morgen Kälber zu arbeiten. Ein junges Pferd könnte sich im Trubel vergessen und dabei versagen, die subtilen Hilfen durch die Hackamore zu bemerken. Den Druck zu verstehen, den Geschwindigkeit und Instinkt auf ein Pferd ausüben, können einem Cowboy dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Langsamere, ruhigere Arbeiten, die dem Pferd genug Zeit geben, Hilfen zu sortieren und darauf zu reagieren, sind passender, speziell in der ersten Zeit des Hackamore-Stadiums. Das Pferd braucht ein bestimmtes Maß an Zeit, um eine Hilfe zu verstehen und dann Vetrauen in seine Reaktion zu bekommen. Vetrauen wird durch Konsequenz gebildet. Traurigerweise wird ein Pferd, das konsequent gelernt hat, die Hackamore nicht zu respektieren, genau darin ein ähnliches Vertrauen entwickeln.

Die Verantwortung für die Auswahl der zu verrichtenden Arbeit in der Hackamore ist eines der vielen Dinge, mit denen der Buckaroo seinen Erfolg bestimmen kann.

Wenn alles richtig läuft wird ein Buckaroo normalerweise die ersten Ansätze eines wahren Gefühls von "Einheit" während der Hackamore-Phase erfahren. Es gibt keinen Ersatz für die subtilen Verbindungen, die aufgebaut werden, wenn das Hackamore-Pferd beginnt mit Vetrauen zu fühlen und reagieren.


Intelligenz statt Muskelkraft

Schlußendlich ist die vielleicht wichtigste Entscheidung, die ein Cowboy in diesem Stadium treffen wird, die über sein eigenes Verhalten. Die Hackamore-Zeit erfordert, mehr als jedes andere Trainingspraxis, daß der Benutzer dazu in der Lage ist, seine Emotionen und Reaktionen zu kontrollieren wenn er mit seinen Pferden arbeitet. Es gibt hier keinen Platz dafür, die Geduld zu verlieren oder überzureagieren.

Wenn ein Buckaroo seine eigenen Reaktionen nicht kontrollieren kann wird ihn die Hackamore zerstören. Ein einziger Wutanfall oder launischer Tag wird das Hackamore-Pferd für immer verderben. Es gibt das Sprichwort "Muskeln machen noch keinen Mann aus", und genausowenig wird man durch Anwendung von Muskelkraft ein gutes Hackamore-Pferd erhalten.

Aus diesem Grunde bietet die Hackamore dem zukünftigen Bridle-Horseman eine Checkliste an. Eine angemessene Einstellung ist ein Attribut, das ein Spade Bit-Horseman haben muß. Mit der Hackamore umzugehen ist ein sehr guter Weg, die Eigenschaften zu ermessen, die später im Umgang mit dem Bridle Horse notwendig sind.

Es ist paradox, daß es die bescheidene Hackamore ist, deren Handhabung es erfordert, daß der Reiter sein Ego außen vor läßt. Er wird dies jedoch nur tun können, wenn er seine Aufmerksamkeit nicht mehr den Stimmen in seinem Kopf schenkt sondern statt dessen den tausenden von subtilen Botschaften zuhört, die sein Pferd ihm senden wird.

Der Hackamore Mann nimmt also ohne klingelnde Rein Chains und in der Sonne glänzende Silberverzierungen leise seinen Platz ein in der stillen Reihe der Bridle Horsemen, die vor ihm da waren. Von diesem Punkt an wird es die Aufgabe des Buckaroos sein, sich selbst zurückzunehmen und statt dessen das Pferd unter ihm zu verfeinern. Jeder sucht den Übergang im Pferd während es den Hackamore-Prozeß durchschreitet, aber die wirkliche Veränderung ist tief im Herzen des Mannes eingeprägt, der auf seinem Rücken reitet.