Über mich

Mitte der 70er Jahre war ich ein kleines Mädel von sechs Jahren, das unbedingt reiten wollte. Ich bekam zusammen mit meinem ein Jahr jüngeren Bruder, wie ich begeisterter "Bonanza" Fan, Reitunterricht bei einer engagierten Bauerstochter im Nachbarort. Ein Jahr früher hatte ich begonnen, Geige zu spielen; beide Eltern sind Berufsmusiker, und ich wählte das Instrument, das auch mein Vater spielt.

Wir ritten auf drei Welsh-Ponies und einer Hannoveraner Stute. Im Winter konnten wir nicht reiten, da uns als Reitplatz nur eine Wiese zur Verfügung stand, und daher bimsten wir alles an Theorie rund ums Pferd. Die Reitlehrerin war streng und verlangte von uns, daß wir uns durchbissen: wir machten kleine Reitprüfungen und am Ende des Winters einen Theorietest. Sicherlich hatte das alles wenig mit einfühlsamem Umgang mit Pferden zu tun, aber das Gelernte weiß ich bis heute, da ich mich sehr eifrig dahinterklemmte.

Nach zwei Jahren zog die Reitlehrerin weg, und ich wechselte zur Reitschule im nächsten Ort. Dort ritt ich einige Jahre in der Abteilung auf Warmblutpferden, die seinerzeit noch in Ständern gehalten wurden und praktisch nie auf die Weide kamen. Nur die Einstellpferde hatten Boxen, die aber viel zu klein und oft dunkel waren. Die Pferde wurden für die Herrschaften "aufbewahrt", die dann gelegentlich für eine Stunde Reiten vorbeikamen.
Uns wurde nur gezeigt, wie man ein Pferd "bedient", uns wurde nicht klargemacht, daß wir auf einem fühlenden Lebewesen sitzen, das Bedürfnisse hat. Stoßzügel und hannoversches Reithalfter war die Standartausrüstung, seltener das Martingal. Wenn ich heute an diese bedauernswerten abgestumpften Kreaturen denke gruselt es mich, aber als Kind wußte ich es damals eben nicht besser, und ich hatte nicht das Glück, in Berührung mit guten Pferdeleuten zu kommen.

Nach wiederum einigen Jahren machte ich in dem besagten Reitstall als Teenager mein bronzenes Jugendreitabzeichen. Das war ein Highlight, wurden wir doch in der Zeit vorher recht gut gefördert, hatten z.B. Springstunden in kleinen Gruppen, die viel Spaß machten. Ich durfte in der Dressurprüfung mein Lieblingspferd reiten, und für die Springprüfung bekam ich eine Rakete, die nach dem Start nur noch in die richtige Richtung gelenkt werden mußte.
Nachdem die Prüfung absolviert war ließ das Engagement des Reitlehreres schlagartig nach, und wir wurden in Anfängerabteilungen gesteckt. Das fand ich sehr unfair, Frust wich dem Spaß am Reiten, und bald entschied ich mich, mit dem Reiten aufzuhören, da ich nicht wollte, daß meine Eltern für schlechten Unterricht auch noch bezahlen sollten.

Es folgte eine lange Zeit der "Abstinenz". Ich machte Abitur, studierte Musik (Hauptfach Violine) und bekam 1993 eine Stelle in einem Orchester im Ruhrgebiet.
Nach ein paar Jahren Eingewöhnungszeit in Job und Ruhrgebiet merkte ich, daß mein Leidenschaft für die Pferde wieder aufflammte. Zunächst wußte ich nicht, welche Richtung ich einschlagen sollte. Ich entschloß mich dann nach einem Fehlversuch mit einer Reitbeteiligung an einer rückenkranken Trakehnerstute, einen Umsteigerkurs auf das Westernreiten zu machen. Diese Reitweise hatte mich eigentlich immer interessiert, die Ausrüstung besonders der Californios hatte mich schon früher fasziniert.

Im Sommer 1998 machte ich einen Umsteigerkurs auf Westernreiten im Westernreitzentrum Lauterbach. Im Folgejahr nahm ich dann Unterricht in der Nähe meines Wohnortes bei Enja Libor und war seit diesem Zeitpunkt also Westernreiter. Als sie sich selbständig machte hatte ich über längere Zeit die Möglichkeit, pro Tag mehrere Pferde zu reiten; ich durfte mich mit Jungpferdeausbildung sowie mit Stuten, Wallachen und Hengsten verschiedener Ausbildungslevels beschäftigen und Erfahrungen sammeln. Ich bin sehr froh, daß ich diese Gelegenheit hatte, es war ein großes Glück für mich. Außerdem bekam ich die Möglichkeit, Reitunterricht zu erteilen; durch den zeitweiligen Mitbesitz eines Cuttinghengstes konnte ich Erfahrungen im Cutting sammeln.

Nachdem ich 1998 meinen amerikanischen Mann kennengelernt hatte und wir im Jahre 2000 geheiratet hatten kauften wir im Jahr 2001 mein Pferd, einen 1993 geborenen Quarter Horse Fuchswallach. Obwohl er trotz guter Ausbildung seit 4 Jahren praktisch nicht geritten worden war und in entsprechendem körperlichen und mentalen Zustand war hatte ich das Gefühl, daß wir zusammen paßten. Natürlich stand fest, daß wir auf Turniere gehen würden. Der "Kleine" war in den Disziplinen Reining, Western Riding, Trail und Working Cow ausgebildet.

Was mir vorschwebte war eine Harmonie zwischen uns beiden, die aber leider nicht meinen Vorstellungen entsprechend existierte. Ich kam zu dem Schluß, daß meine Art und Weise zu reiten von meinem Pferd nicht als angenehm empfunden wurde. Warscheinlich auch aus diesem Grund fing ich an, mich für "Natural Horsemanship" im Allgemeinen zu interessieren. Im Sommer 2002 fuhr ich nach USA, wo in Montana der bekannte Horseman Buck Brannaman einen Kurs gab, den ich als Zuschauer verfolgte. Im folgenden Sommer besuchte ich dann wieder den gleichen Kurs, für den mir eine Bekannte ihr zweites Pferd, einen kleinen weißen Missouri Foxtrotter (inzwischen leider verstorben), mitbrachte und ich so mitreiten konnte.
Die dort erlernten Dinge probierte ich zu Hause aus und übte sie selbständig, Bucks Videos und Bücher halfen mir dabei. Gleichzeitig suchte ich mir übers Internet Gleichgesinnte um mich auszutauschen.
Turniere ritt ich seitdem keine mehr, da ich erst einmal die angestrebte Harmonie mit meinem Pferd finden wollte. Die entwickelte sich bald, als ich meine eigene Einstellung dem Tier gegenüber änderte und lernte, mich ihm gegenüber präziser und für es verständlicher zu präsentieren. Auch half mir bei der Pferdeausbildung, zu versuchen, die Dinge aus der Sicht der Pferde zu sehen und zu verstehen, warum sie das tun was sie tun.
In dieser Zeit erwachte mein Interesse an der klassischen Westernreiterei, deren Vertreter die Vaqueros oder Buckaroos sind. Buck Brannaman und einige der bekannten amerikanischen Horsemen/women tun ihr Bestes, diese alte Tradition und die damit verbundenen Ausbildungsmethoden zu bewahren. Das Reiten ist hier eine Kunst, kein Handwerk.
Die Beziehung zwischen meinem Pferd und mir ist nun von der Harmonie geprägt, die ich mir lange gewünscht hatte. Ich habe gelernt, meine Körpersprache am Boden und auf dem Pferd so einzusetzen, daß mein Pferd mich versteht, ohne daß ich dafür nennenswerten Druck ausüben muß. Speziell in Bezug auf feinste Kommunikation habe ich in den letzten Jahren auch sehr viel von Leslie Desmond und Mark Rashid gelernt. Zwischen dem Reiten mit Druck und Kraft und dem feinen Reiten mit Körpergefühl und der richtigen Atmung liegen für mich Welten.
Inzwischen beschäftige mich auch mit den Ausbildungsmethoden der klassischen Dressur nach alten französischen Vorbildern, wie sie von Philippe Karl und Bent Branderup praktiziert wird und erkenne so manche Parallele zur klassischen Westernreiterei.

Aufgrund eines Vortrags über Hufe begann ich mich für das Thema Barhuf zu interessieren. Ich beschloß daraufhin, meinem Pferd die Eisen abzunehmen und das Projekt Barhuf in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig informierte ich mich über die verschiedenen Richtungen der Hufbarbeitung und suchte mir Gleichgesinnte zwecks Erfahrungsaustausch.
Für das Pferd ist es sehr von Vorteil, wenn sich der Besitzer mit dessen psychischen und physischen Bedürfnissen möglichst gut auskennt, und das gilt in hohem Maße für die Hufe. Leider ist dies immer noch nicht selbstverständlich, wie meine eigene Vergangenheit zeigt. Die Verantwortung für die Hufe werden immer noch fast ausschließlich in die Hände von anderen (Schmieden o.ä) gelegt. Daher möchte ich, u.a. mit den Übersetzungen im Bereich Barhuf, alle Pferdebesitzer dazu ermutigen, sich mit den Hufen ihrer Pferde selbst so zu beschäftigen, daß sie zumindest problematische Hufzustände erkennen und angemessene von falscher Hufbearbeitung unterscheiden können. Natürlich kann man nicht alles wissen, aber man sollte sich definitiv damit auseinandersetzen.
Ich selber habe ca. ein halbes Jahr mit einer Huforthopädin nach Biernat zusammengearbeitet, seitdem werden die Hufe meines Pferdes im Sinne und nach den Prinzipien der Natural Hoofcare bearbeitet.


Meine Einstellung, Ideen und Ziele zum Thema Pferd


Ich war und bin offen für neue Ideen und Informationen rund um das Pferd. Das ist nicht immer einfach, weil einem in der Pferdewelt so manche Greuel begegnet, im Großen wie im Kleinen. Letztlich gehört aber auch dies zum Lernprozeß, auch die unerfreulichen Dinge sind Teile des großen Bildes.
Ich versuche, meinem Pferd eine gute Führung und ein guter Reiter zu sein. Dazu gehört, daß ich mich umfassend mit den zahlreichen Themen rund ums Pferd auseinandersetze: Haltung, Fütterung, Krankheiten, Biomechanik, Psyche, Ausbildung. Letztlich greift all dies ineinander. Auch über Dinge, die ich ablehne (z.B. bestimmte Trainingsmethoden oder Arten der Hufbearbeitung), möchte ich Bescheid wissen, nur dann kann ich ggf. auch argumentieren.

Reiten und der sonstige Umgang mit Pferden ist für mich Kommunikationswissenschaft.
In meinen Augen sind Pferde wie auch andere Tiere nicht grundsätzlich dazu auf der Welt, um dem Menschen von irgendeinem bestimmten Nutzen zu sein. Es sind einfach andersartige Lebewesen, deren Verhaltensweisen ich ungemein interessant finde. Daher ist es für mich sehr spannend, Interaktion zwischen Pferden untereinander und zwischen Pferden und Menschen zu studieren und für mich selber den besten Weg der Kommunikation zu finden.

So wie in Bezug auf den Umgang mit Pferden und deren Training und Haltung vor einigen Jahren das Umdenken begonnen hat ist es auch Zeit, daß beim Thema Pferdehuf neue Wege beschritten werden. Generell halte ich in beiden Bereichen einen Blick auf das Naturgegebene für notwendig, hilfreich und überaus interessant. Die Tatsache, daß bei Pferdekrankheiten Erkrankungen an Beinen und Hufen den Großteil ausmachen, heißt für mich, daß hier Veränderungen angezeigt sind. Mein Motto: Wenn ich mein Pferd seinen Bedürfnissen entsprechend halte, füttere und behandele ist die Warscheinlichkeit, daß es ausgeglichen, gesund und leistungsbereit ist, sehr hoch. Meine Erfahrungen bestätigen dies. Daher für das Pferd das Leben in einem bestmöglich konzipierten und gemanagten Offenstall der konventionellen Pferdehaltung vorzuziehen.
Nur eine ganzheitliche Betrachtung macht in meinen Augen Sinn, da alles um und am Pferd miteinander zusammenhängt.

Bei allem, was ich mit meinem Pferd und um es herum veranstalte, versuche ich, die Dinge auch aus seiner Sicht zu betrachten. Ich höre zu- und hin weil das Pferd darauf angewiesen ist, denn es hat den Intellekt nicht, sich unsere Art der Verständigung anzueignen.
Viele Menschen fassen vor allem Tiere mit Fell gerne an, davon nehme auch ich mich nicht aus. Oft beobachte ich, wie Leute gedankenlos Pferde vor allem Maul und Nüstern anfassen, im besten Falle Abwehrbewegungen der Pferde ignorieren und sich im schlimmsten Falle sogar beißen lassen. Ich überlege mir dabei, wie ich es fände so behandelt zu werden. Dies ist nur ein Beispiel für ignorantes und im Grunde unfaires Verhalten Pferden gegenüber, wobei ich Leuten keinen bösen Willen, sondern eben nur Gedankenlosigkeit unterstelle. Unfair deshalb, weil das Pferd letztlich auch zu respektlosem Verhalten provoziert wird, was ggf. wieder in Bestrafung resultiert.

Der Ausdruck von Zuneigung, wie er bei Menschen stattfindet (beispielsweise "Liebe geht durch den Magen", sich gegenseitig berühren und in den Arm nehmen), hat für Pferde eine untergeordnete bis keine Bedeutung. Sie füttern sich nicht gegenseitig und schmusen selten, um ein gegenseitiges Wohlgefühl oder Vertrauen zu schaffen. Daher macht es für mich mehr Sinn, dem Pferd meine Anwesenheit und mein Verhalten dadurch angenehm zu machen, indem ich in meiner Präsenz klar und eindeutig bin, in einer Weise, die das Pferd verstehen kann. Ihm zu ermöglichen, sich mir als seinem Führer anschließen zu können ist in meinen Augen das, was dem Pferd Vertrauen, Sicherheit und damit ein gutes Gefühl verschafft. Ich wiederum empfinde es als Belohnung für meine Bemühungen um klare Kommunikation wenn es mich für die Position des Führers als würdig erachtet.

Zu guter Letzt: Ich hinterfrage alles. In Bezug auf Pferde, ihre Haltung und ihr Training sind mir in den vergangenen Jahren viele Dinge begegnet, die traditionell schon lange getan werden und vom Pferd mit seinen wirklichen Bedürfnissen Lichtjahre entfernt sind. Daher akzeptiere ich keine Aussage mehr einfach so, egal von wem sie stammt. Ich möchte allen Pferdebesitzern ans Herz legen, ihren Tieren zuliebe ebenso kritisch zu sein.

- Ariane Reaves



Home